Die 19-jährige Ava (hinreißend: Alba Baptista) staunt nicht schlecht, als sie auf dem Leichentisch im Hinterzimmer einer Kathedrale erwacht - die Vollwaise wurde erst vor wenigen Stunden für tot erklärt. Selbst ihre Beine, die Ava seit einem Unfall in ihrer Kindheit nicht mehr benutzen konnte, scheinen auf mysteriöse Art und Weise wieder zu funktionieren. Ganz klar: Das muss ein Traum sein! Kurzerhand tänzelt Ava voller Lebensfreude durch die Straßen von Sevilla und genießt die Grenzenlosigkeit ihrer eigenen Traumwelt - bis sie auf schmerzliche Art und Weise zu spüren bekommt, dass es sich hierbei keineswegs um einen Traum handelt. Ava wurde von einem Heiligenschein zum Leben erweckt, der sich als Relikt aus längst vergangener Zeit seit Jahrhunderten im Besitz einer Geheimorganisation von Nonnen und Priestern (u.a. Toya Turner und
Tristán Ulloa) befindet. Doch der Heiligenschein hat sie aus einem guten Grund erwählt: Ava soll die mächtigen Dämonen der Hölle fernhalten und die Pforten endgültig und auf ewig schließen.
Während Ava noch versucht, ihr neues Schicksal zu verdauen, das sie unter anderem mit diversen übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattet hat, stolpert sie auf der Suche nach einer Abkühlung direkt in die Arme des attraktiven JC (
Emilio Sakraya). Der Ausreißer erinnert sie daran, worum es im Leben wirklich geht und hilft ihr dabei, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Doch die Dämonen warten nicht...
© Tamara Arranz / Netflix
Auf den ersten, wahrscheinlich auch zweiten und dritten Blick wirkt „Warrior Nun“ lediglich wie der nächste, reichlich unambitionierte Versuch, vergangene Teen-Fantasy-Erfolge wie „
Twilight“ oder „Shadowhunters“ zu kopieren. Der einzige Trailer kommt verdammt überzogen daher, die Story um eine auserwählte Teenagerin, die durch ein religiöses Artefakt zur übermächtigen Kriegernonne mutiert und sich trotzdem im andalusischen Nachtleben die Zeit mit schnuckeligen Sonnyboys vertreibt, klingt maximal kitschig. Doch der Heiligenschein trügt, hat man mal den wahnwitzigen Spurt durchs Intro von Episode 1 gemeistert. Natürlich ist die Schablone hier klar erkennbar, scheut sich die Serie auch nicht davor, sich mit besagten Teen-Fantasy-Erfolgen messen zu wollen. Doch „Warrior Nun“ ist noch so viel mehr, macht gemessen am Genre fast alles richtig und steckt die beliebte Konkurrenz auf ihrem Siegeszug sogar locker in die Tasche.
Leider wird die Serie von Showrunner
Simon Barry, der schon zuvor für Netflix tätig war („Ghost Wars“, „Van Helsing“), an exakt diesem Maßstab kleben bleiben und viele potenzielle Zuschauer vorab verschrecken. Auch wir hätten uns privat wahrscheinlich niemals an „Warrior Nun“ herangewagt - man sollte sich eben doch manchmal überraschen lassen.
Argumente für die Qualität dieser kurzweilig unterhaltsamen, dabei jedoch auch überraschend tiefgründigen Graphic Novel-Adaption sind fix gefunden. Da wären zum einen die atemberaubenden Landschafts- und Stadtbilder, die die Serie Folge für Folge für uns einfängt und die Geschichte dabei auf einen mehr als beeindrucken Hintergrund pinselt. Auch die Darstellerleistungen sind durch die Bank souverän, allen voran die von Hauptdarstellerin Alba Baptista. Die junge Portugiesin wechselt brillant zwischen lockerleicht aufsässigem Teenager und ernsthafter Kriegerin hin und her, fungiert gleichzeitig auch als unzuverlässige Erzählerin und trägt die Story entspannt im Alleingang. Doch auch die Art und Weise, wie „Warrior Nun“ krachende, überraschend hochwertig bebilderte Fantasy-Action mit romantischem Beziehungschaos und Young Adult-Spielereien verquirlt, ist schlicht beeindruckend, weil enorm frisch, unverbraucht und liebevoll gestaltet.
Gern mehr davon!