Eines weiß die junge Emily Dickinson (
Hailee Steinfeld) ganz gewiss: Es wird der Tag kommen, an dem sie zur größten Dichterin aller Zeiten ernannt wird. Doch der Weg dahin ist wahrlich beschwerlich, Frauen haben Mitte des 19. Jahrhunderts immerhin lediglich eine einzige Aufgabe; den Haushalt zu führen. Während ihre liebende und doch strenge Mutter (
Jane Krakowski) quasi täglich versucht, ihre rebellische Tochter zu verheiraten, ihre Schwester Lavinia (Anna Baryshnikov) dagegen einfach keinen Mann für sich finden kann und ihr Bruder Austin (
Adrian Enscoe) dem Willen des Patriarchats folgt und in die Fußstapfen seines Vaters Edward (
Toby Huss) tritt, will Emily eigentlich nur in Ruhe schreiben.
Als Muse dient ihr neben dem Tod (Wiz Khalifa), der sie des Nachts in seine Kutsche lockt und mit den Geheimnissen der Zukunft vertraut macht, vor allem ihre beste Freundin Sue (
Ella Hunt), für die sie längst auch romantische Gefühle hegt. Als ausgerechnet Austin eines Tages um die Hand der verarmten und familienlosen Schönheit anhält, bricht für Emily eine Welt zusammen. Einzig die Ruhe des Moments scheint sie noch zu trösten, den sie für ihre Lyrik nutzt...
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Irrer Stilmix: Die Kostüme und Gepflogenheiten eines Historiendramas befolgend, setzt die überaus freie Adaption der Jugendgeschichte Emily Dickinsons auf moderne Sprachmuster, Hip-Hop-Beats und Queer-Thematik. Was auf den ersten Blick, wahrscheinlich auch noch auf den zweiten und dritten irgendwie unwirklich und verquer erscheint, trifft in „Dickinson“ letztlich doch passgenau den Zeitgeist der US-amerikanischen Dichterin. Emily Dickinson, hier grandios von der wundervollen Hailee Steinfeld porträtiert, war ihrer Zeit bekanntlich extrem weit voraus, sprach Themen und Probleme an, die erst Jahrzehnte, wenn nicht ein ganzes Jahrhundert später an Aktualität gewannen. Sind die Erwachsenen mal nicht zugegen, driften Emily, ihre Geschwister und die übrigen Teens im Dorf dann eben gern mal in Jugendslang ab, droppen komplett beiläufig ein „Bro“ oder begnen sich mit „Was geht?“. Passend dazu setzt jeder der 30-Minüter stets auf einen energiegeladen pumpenden Mix aus modernem Pop, Hip-Hop und Indie, um der freigeistigen Melo-Natur Emily Dickinsons einen alternativen Touch zu verleihen - funktioniert wahnsinnig gut!
Neben dem tollen Historiensetting, modernen Spielereien und feinem Fokus auf der Poesie der Schriftstellerin sind es vor allem die Darsteller, die „Dickinson“ zu einer der stärksten Produktionen auf Apple TV+ machen. Toby Huss und Jane Krakowski gehen in ihren Rollen als zeitgemäße Eltern voll auf, Adrian Enscoe spielt sich ebenfalls enorm präsent als leicht dämlicher und doch liebenswerter Bruder Emilys in den Mittelpunkt. Ach, und Wiz Khalifa spielt den Tod - wer auch sonst?
Kleiner Tipp am Rande: Derzeit bietet der Streaming-Dienst diverse Serien aus hauseigener Produktion zum kostenlosen Streamen an. Ein Abo für Apple TV+ ist nicht nötig, lediglich ein Apple-Produkt sowie eine passende ID - so seht ihr auch „Dickinson“ aktuell
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