War Sailor (2023)

Kritik zu War Sailor

Will Netflix sich diese Woche selbst Konkurrenz machen? Der Streaming-Riese bringt direkt zwei Kriegsdramen gleichzeitig auf den Markt. Neben „Transatlantic“ nun auch die skandinavische Miniserie „War Sailor“.

Wie das erst kürzlich ebenfalls auf Netflix veröffentlichte Drama „Narvik“, das von der angespannten Lage kurz vor Kriegsbeginn berichtet, ist auch „War Sailor“ ein äußerst schwer im Magen liegendes Drama – was aber mitnichten negativ bewertet sein soll.

Ganz im Gegenteil: Anstatt uns mit zerfetzten Leichenteilen am laufenden Band den Appetit zu verderben, werden die durch den Krieg grotesk verunstalteten Opfer nur ab und zu eingestreut. Das eigentliche Drama spielt sich in der Trennung einer unbescholtenen Familie ab. Während der Mann auf hoher See Angst um sein Leben und das seiner Familie hat, müssen Frau und Kind an Land mit den Kriegswirren zurechtkommen.

Für die besondere Dramatik, die über den schmerzverzerrten und verzweifelten Gesichtern der Darsteller hinausgehen, bedient sich „War Sailor“-Schöpfer Gunnar Vikene einem ganz besonderen Trick. Er springt nicht nur zwischen den Schauplätzen hin und her, die sich bald nicht nur auf Norwegen und den Atlantik beschränken, sondern es gibt auch einen zeitlichen Sprung. Erst sind es nur Tage der Ungewissheit, dann Wochen, Monate, Jahre und sogar Jahrzehnte. Insgesamt umspannt „War Sailor“ vierzig Jahre und zeigt sowohl die Zeit während des Krieges, als auch die danach.

Doch so geistreich diese Idee auch sein mag, so verkompliziert sie so manchen Erzählstrang unnötig, sodass die Serie erst im letzten Drittel ihre wahre Stärke entfalten kann und klar wird, warum Vikene uns so einen zerstückelten Schnelldurchlauf serviert hat. Denn was der Krieg mit einem macht – also die Spätfolgen, wenn die brutalen Geschehnisse, längst vorüber sind – sind der wahre Schrecken. Lohnt sich, weil sich Gunnar Vikene zeitlichen und räumlichen Sprüngen bedient, um den wahren Schrecken des Krieges zu verdeutlichen – fernab von sichtbaren Wunden.