Physical (2021)

Kritik zu Physical

Was Netflix seit Jahren mit „GLOW“ im Programm hat, bringt euch Apple TV+ mit „Physical“ direkt in die neon-verschwitzte Retro-Fitness-Bude. Die irrsinnig gute Show von Produzentin Annie Weisman („Desperate Housewives“, „Suburgatory“) nimmt kein Blatt vor den Mund, begeistert mit herausragend liebevoller Ausstattung und einer fantastisch aufgelegten Rose Byrne . Sollte mich schon wundern, wenn die Australierin hier keine Emmy-Nominierung absahnt (Update: Bisher hat's noch nicht geklappt)!

Als eine Art Lady Deadpool des Aerobic durchbricht Rose Byrne wieder und wieder die vierte Wand, vertieft sich in herzhaft vorgetragenen Selbstgesprächen und dreht das konservative Frauenbild der 70er und 80er mit frech freigeistiger Schnauze gekonnt auf links.

Erst Flower Power, dann Latex und Neon: Allein die Kostüme, die Musik und die Setdesigns machen „Physical“ zum neuen Pflichtprogramm bei Apple TV+. Kein Wunder, dass die Serie gerade in Sachen Ausstattung und Szenenbild so unglaublich gut funktioniert. Immerhin kümmerte sich unter anderem ein Kreativmeister wie Mr. Craig Gillespie („I, Tonya“, „Cruella“) um die Regie - und seine Handschrift ist eben auch in „Physical“ wieder unverkennbar.

So wird „Physical“ nicht erst zwischen den Zeilen auch zum bissigen Kommentar über die Gesellschaft, die konservative US-Verschrobenheit, die auch heute noch gefühlt keinen Deut besser geworden ist. Trotzdem drückt uns die schwarzhumorige Dramedy ihre politische Bedeutungsebene nicht ungewollt mit dem gehobenen Zeigefinger mitten ins Gesicht. Viel lieber zeigt uns Sheila den Mittelfinger, bodyshamt sie sich selbst für ihre Süßigkeitenflashs, zerpflückt sie ihre Neider verbal in der Luft. Must-Watch!

Lohnt sich, weil Rose Byrne eine Naturgewalt in Neon, Latex und Schweißbändern ist. Endlich bekommt die Australierin genau die Bühne, die sie verdient - fehlt nur noch der überfällige Award für Staffel 3.