10.10.2022, von Tyler Süß

Bloody Christmas: „Violent Night“-Interview mit Tommy Wirkola

Von wegen stille Nacht! In „Violent Night“ macht David „Santa“ Harbour auf „Stirb langsam“. Wir sprachen mit Regisseur Tommy Wirkola.
kino&co: Kleiner Eisbrecher vorab! Wer würde den Kampf gewinnen: Zombies („ Dead Snow “), Hänsel und Gretel („Hänsel & Gretel: Hexenjäger“) oder Santa Claus?

Tommy Wirkola: *lacht* Das ist eine überraschende, keine einfache Frage! Puh, das ist echt nicht leicht. Weißt Du was? Darüber muss ich jetzt erstmal ein wenig nachdenken. Kommen wir später noch mal darauf zurück - das ist eine echt gute und wichtige Frage!

kino&co: Inzwischen kennt man Dich für deine verrückten Filmideen. Was ist die Geschichte hinter „Violent Night“?

Tommy Wirkola: Die Produzenten kamen auf mich zu. Knapp vor einem Jahr haben sie mir dann das „Violent Night“-Skript zugeschickt, es ging also alles sehr schnell. Die eine Sache, die sie mir damals schon ans Herz legten: Es ist im Prinzip „Stirb langsam“ mit Santa Claus! Ich dachte mir: Okay, das klingt total interessant, gleichzeitig aber auch ein wenig verrückt. Wenn man solche Ideen gepitcht bekommt, kann das Resultat fantastisch sein - oder halt nicht.

Also schickten sie mir das „Violent Night“-Skript und ich liebte es! Es hatte die Action, die man erwarten würde, es hatte die Edgyness, die extreme Natur und den Spaß. Aber in erster Linie hatte das Skript Herz und das klassische, gemütliche Feeling eines Weihnachtsfilms. Und das war es letztlich, was mich von dem Projekt überzeugte. Ich wollte schon lange mal einen echten Weihnachtsfilm drehen und ich mochte direkt die Kombination der verschiedenen Motive. Alles, was man von einem Actionfilm erwarten würde plus eben das Gespür für die Weihnachtszeit.

Ich sprach dann mit den Produzenten, den Autoren und dem Studio, für mich war aber ausschlaggebend, dass der Film Herz hatte. Dass ich mehr darüber erfahren wollte, über die Freundschaft zwischen Santa Claus und diesem kleinen Mädchen. Wie er sie und ihre Familie durch diese verrückte Situation begleitet. Das hat es echt besonders für mich gemacht!

Aber ja, ich habe schon verrückte Sachen in der Vergangenheit gedreht, und das hier hat sich so angefühlt, als wäre „Violent Night“ genau der Film, für den ich geboren wurde. Zumindest habe ich das auch den Produzenten so gesagt! Und zum Glück hatten sie gerade erst meinen aktuellen Film „The Trip“ gesehen und waren direkt überzeugt - dann ging’s auch schon los.


„Das ist im Prinzip 'Stirb langsam' mit Santa Claus!“


David Harbour und Tommy Wirkola am Set. | © Universal Pictures

kino&co: Klingt nach einem Win-Win! Zu David Harbour: Er ist jetzt also Santa Claus. Er scheint auch echt die perfekte Wahl für die Rolle zu sein - allein gemessen am Trailer. Wie seid ihr mit ihm in Kontakt getreten und war er auch direkt die erste Wahl?

Tommy Wirkola: Er war auf jeden Fall unsere erste Wahl! Jeden Casting-Prozess beginnt man damit, dass man brainstormt und verschiedene Namen in die Runde wirft. Doch sobald sein Name auftauchte, war die Sache für uns geklärt. Wir wollten zuerst bei David anrufen und versuchen, ihn für die Rolle zu gewinnen. Der Santa in unserem Film hat ein wenig die Zuversicht verloren, den Glauben an seine Arbeit, die Menschheit und Weihnachten im Allgemeinen. Die Natur des Menschen eben - das konsumgesteuerte Fest, zu dem Weihnachten inzwischen geworden ist, gefällt ihm nicht.

Die Welt hat schlichtweg vergessen, worum es an Weihnachten wirklich geht. Die Rolle hatte viele spannende Eckpunkte für einen Schauspieler, um sich auszutoben. Also schickten wir das Skript an David und er antwortete auch recht schnell. Wir haben uns dann kurz danach via Skype ausgetauscht, er hatte sofort verstanden, worum es uns bei „Violent Night“ ging.

Er kam dann auch direkt mit eigenen Ideen zu uns, wie er den Charakter spielen und formen wolle. Zu Beginn noch als klassischer Santa, später dann weniger klassisch! Und ja, wie Du gesagt hast, schon im Trailer kann man sehen, wie perfekt er für die Rolle ist.

Das ist etwas an der Figur und an ihm, was einfach so viel Sinn ergibt. Er hat das Ding gerockt! Ein ganz besonderer Santa Claus eben. Und darüber habe ich erst kürzlich nachgedacht: Santa Claus zu spielen, kann selbst für einen so erfahrenen Schauspieler verdammt beängstigend sein. Viele Schauspieler haben ihn schon in verschiedenen Versionen verkörpert. Wir wollten die Rolle jetzt definitiv anders aufziehen - und er hat das einfach perfekt gemacht. Ich kann’s jetzt kaum erwarten, dass die Welt den Film sieht!

Trudy macht Santa wieder Hoffnung. | © Universal Pictures

kino&co: Erzähl uns doch noch ein wenig mehr über euren Santa Claus. Er hat den Glauben verloren, aber hat er schon immer die artigen Kids beschützt? Und was ist dann mit den unartigen Kindern?

Tommy Wirkola: Santa hat hier seine ganz eigene Backstory, über die ich natürlich jetzt nicht allzu viel verraten kann, weil es eine Überraschung sein soll. Aber es gibt einen Grund dafür, weshalb er so gut kämpfen und es gleichzeitig mit mehreren Gangstern aufnehmen kann! Er lebt schon auf dieser Welt und hat mit angesehen, wie sich die Menschheit entwickelt hat. Wie sich Weihnachten verändert hat.

Und klar, er hat auch seine Listen. Aber die Artig-Liste wird Jahr für Jahr kürzer, während die Unartig-Liste täglich länger wird. Kinder, die wirklich noch an Santa Claus glauben, werden immer seltener. Und das spürt er. Inzwischen ist er an einem Punkt angekommen, an dem er sich fragt, ob es das jetzt gewesen ist. Soll er Weihnachten einfach aufgeben? Trotzdem macht er erstmal weiter und bringt den Kids ihre Geschenke, die es seiner Liste zufolge verdient haben. Über die kleine Trudy bekommt er seine Hoffnung dann wieder zurück. Er sieht wieder das Gute im Menschen, was Weihnachten ihm und Kindern wie Trudy auch heute noch bedeutet. Eine tolle Reise also für ihn - eingebettet in diese Gangster-Story findet er langsam aber sicher wieder zu sich selbst.

kino&co: Wenn wir schon bei den Gangstern sind: John Leguizamo ist der Schurke der Geschichte. Er schon immer das Potenzial für die eher düstere Seite des Kinos. Wie war die Arbeit mit ihm und was steckt hinter seinem Charakter?

Tommy Wirkola: Die Geschichte seiner Figur - da muss ich jetzt auch vorsichtig sein, nicht zu viel zu verraten. Aber ja, im Film wird er von allen nur Mr. Scrooge genannt, das ist sein Codename. Er weiß alles über die Familie, über ihre Geheimnisse und plant, den Tresor auszuräumen. Und er hat auch einen ganz besonderen Bezug zu Weihnachten, den ich jetzt natürlich nicht verraten kann. Das passt dann aber alles ziemlich perfekt zu Santas Geschichte.

John Leguizamo ist ein großartiger Mensch. Es macht unglaublich viel Spaß, mit ihm zu arbeiten. Sein Sinn für Humor scheint hier auch im Film immer wieder durch. Den Charakter hatten wir schon vorher fertig konzipiert, aber John hat die Figur dann mit seiner Art erst zum Leben erweckt. Ich war schon immer ein Filmgeek, habe John in so Filmen gesehen. Das war schon besonders! Er und David Harbour haben auch fantastisch harmoniert. Wir haben da eine großartige Szene in der Mitte des Films, in der sich die beiden ein Wortduell liefern. Mit im Raum zu sein, als das gedreht wurde, war einfach einmalig!

Santa versus Scrooge! | © Universal Pictures

kino&co: David Leitch ist einer der Produzenten. Er hat ja damals schon die Stunts in „Hänsel & Gretel: Hexenjäger“ gedreht, wie viel von ihm steckt jetzt in „Violent Night“? Obwohl Du selbst natürlich auch schon reichlich Erfahrung inzwischen in verrückten Actionszenen hast.

Tommy Wirkola: Stimmt, wir haben uns damals am Set kennengelernt. Über die Jahre wurde David dann zu einem der größten Action-Regisseure unserer Zeit, hat inzwischen seine eigene Produktionsfirma. Er hat es wirklich geschafft, die Action zu revolutionieren und die Art, wie die Zuschauer Actionfilme generell sehen. Es war einfach toll, hier wieder mit ihm zusammenzuarbeiten. Natürlich habe ich mein Action-Bewusstsein mit ans Set gebracht, aber dann hatten wir da auch noch Jojo , der gerade erst „Obi-Wan Kenobi“ gedreht hatte. Einer der besten Stunt-Koordinatoren überhaupt! Da gab’s dann immer mal wieder Situationen, in den wir versucht haben, uns gegenseitig zu überbieten. Vor allem bei dem verrückten Zeug!

David Leitch war auch immer mit am Set. Tatsächlich hatten wir das Problem, dass alle Stunttrainer gleichzeitig mit Covid ausgefallen sind, und Leitch einspringen musste. Er hat dann David Harbour selbst trainiert und auf einige Stunts vorbereitet. Er ist eben gern nah am Projekt, ein guter Kerl. Weil er jetzt selbst Regisseur ist, vertraut er der Regie. Er hat mir den nötigen Raum gelassen, damit ich meine Vision umsetzen konnte.

kino&co: So brutal, witzig und unweihnachtlich „Violent Night“ auf dem Papier auch klingt, dem Trailer und Dir zufolge ist der Film im Kern ja aber doch das genaue Gegenteil. Also: Ist der Film eher anti oder pro Weihnachten?

Tommy Wirkola: Ein echter Weihnachtsfilm! Ich wollte schon immer mal einen klassischen Weihnachtsfilm drehen, das habe ich mir und dem Team auch stets ins Gedächtnis gerufen. Herz und Besinnlichkeit sollten definitiv da sein. Nur dann würde auch der ganze Rest funktionieren. Für mich - ich bin einfach ein riesiger Weihnachtsfilmfan - war es jetzt unglaublich, endlich einen eigenen zu drehen. Natürlich hätte ich wieder meine spezielle Art von Film drehen können, aber ich wollte die Seele der Festtage ganz besonders deutlich machen.

Glücklicherweise war auch das Studio einverstanden mit meiner Vision. Die herzliche Natur der Geschichte wird hier eben großgeschrieben! Wenn Santa und das kleine Mädchen Freunde werden, verbindet die beiden eine ganz besondere Chemie - und das ist das gleichzeitig Herz des Films. Immer wenn die beiden zusammen sind, ist das echte Filmmagie. Wir wussten: Wenn das funktioniert, können wir uns mit dem Rest von „Violent Night“ so richtig austoben.

Als Hommage an klassische Weihnachtsfilme haben wir dann auch noch Beverly D’Angelo dabei. „Schöne Bescherung“ ist wahrscheinlich der Weihnachtsfilm, den ich am häufigsten gesehen habe. Sie jetzt am Set zu haben, war fantastisch. Und ihre Rolle wird die Leute definitiv überraschen, so hat man Beverly D’Angelo noch nicht gesehen!

kino&co: Brutalere Weihnachtsfilme wie „Krampus“ oder „ Better Watch Out “ sind gerade auf ihrem Höhepunkt. Vor zwei Jahren war Mel Gibson als Santa in „Fatman“ unterwegs, jetzt scheint „Violent Night“ sogar noch weiter zu gehen. Bevorzugst Du persönlich gemütliche Weihnachtsunterhaltung oder dann doch lieber die düsteren Genre-Beiträge?

Tommy Wirkola: Ich liebe Filme, ganz egal welcher Natur. Aufgewachsen bin ich natürlich eher mit extremen Horrorfilmen von Peter Jackson und Sam Raimi. Nur zwei der großen Inspirationen für meine eigene Arbeit, Gore mit Humor zu verbinden. Und ja, alle Filme, die Du genannt hast, habe ich gesehen und geliebt. Deswegen bin ich auch besonders froh, dass Universal „Violent Night“ ins Kino bringt. Das ist wirklich ein Film, den man mit mehreren Leuten zusammen sehen sollte.

Verglichen mit „Krampus“ und Co fehlt natürlich der Horror-Aspekt, aber Edge ist definitiv da. Ich kann’s echt kaum erwarten, dass die Leute den Film im Dezember sehen. Wobei, schon bei der Comic-Con gibt’s die Vorpremiere, um zu sehen, wie die Leute reagieren - aufregend!

Ach, noch mal zurück zur ersten Frage: Ich denke, dass Santa, Hänsel und Gretel erstmal zusammen die Zombies vernichten. Und danach, schwierig. Ich kann mich da echt nicht entscheiden. Das ist so, als müsste ich zwischen meinen Kindern wählen! *lacht’


kino&co: Verständlich! Vielen Dank für das angenehme Gespräch!

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