Wir schreiben das Jahr 1942. Der junge jüdische Belgier Gilles flüchtet zusammen mit unzähligen anderen Juden und Jüdinnen in einen Wald, um den deutschen Soldaten und damit dem sicheren Tod zu entkommen. Doch die Flucht endet im Desaster, die Geflüchteten werden von den Soldaten aufgegriffen und nacheinander erschossen. Kurz bevor Gilles an der Reihe ist, erinnert er sich an das Buch „Die Mythen der Perser“, das ihm ein Leidensgenosse im Austausch für Brot gegeben hat, und so gibt er sich in einem Akt purer Verzweiflung als Perser aus.
Seine Tarnung rettet Gilles zwar das Leben, bringt ihn jedoch vom Regen in die Traufe. Die Soldaten bringen ihn nämlich zum Offizier Koch, der zugleich Leiter der Lagerküche ist. Koch träumt davon, nach dem Krieg ein Restaurant im Iran zu eröffnen, jedoch fehlen ihm jegliche Kenntnisse in Farsi. Diese Defizite will er mit der Hilfe von Gilles aufholen, den er kurzerhand als seinen Sprachlehrer engagiert. Da Gilles jedoch selbst kein einziges Wort Farsi spricht, muss er sich nun schnellstmöglich eine eigene Sprache ausdenken, um nicht aufzufliegen.
Erschwerend kommt hinzu, dass ihm nicht alle deutschen Soldaten wohl gesonnen sind. Besonders Soldat Beyer steht der ganzen Sache misstrauisch gegenüber und lässt keine Gelegenheit ungenutzt, um den Gefangenen zu enttarnen und loszuwerden.
© Alamode Film
Auch wenn der Holocaust schon einige Jahre zurückliegt, so ist es heute doch wichtiger denn je, die Bevölkerung weiterhin darüber aufzuklären, um den Opfern zu gedenken und einen Genozid solcher Größenordnung nie wieder vorkommen zu lassen. Einen großen Teil hierzu tragen vor allem die unzähligen Filme bei, die auf unterschiedlichste Weise an das heikle Thema herangehen. Zu den wohl bekanntesten und zugleich großartigsten gehören definitiv
Roman Polanskis „
Der Pianist“, „
Das Leben ist schön“ von und mit
Roberto Benigni sowie
Steven Spielbergs „
Schindlers Liste“.
Doch auch die neueren Holocaust-Filme haben durchaus das Potenzial, den Zuschauer*innen lange im Gedächtnis zu bleiben, wie beispielsweise das Drama „
Persischstunden“ von Ausnahme-Regisseur
Vadim Perelman, das letztes Jahr im September Premiere feierte. Basierend auf der Erzählung „Erfindung einer Sprache“ von Schriftsteller
Wolfgang Kohlhaase hat Perelman, der übrigens selbst jüdischer Abstammung ist, ein bedrückendes Werk entwickelt, das zwischen dem Grotesken und dem Grauen schwankt und das zwei Menschen gegenüberstellt, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Auf der einen Seite haben wir den jüdischen Belgier Gilles, der sich als Perser ausgibt, um dem Tod zu entkommen. Ihm gegenüber steht der deutsche Offizier Koch, der mit einer einzigen Handbewegung die Ermordung von Gilles veranlassen könnte und dessen Gunst Gilles deshalb um jeden Preis aufrecht erhalten muss. Es entbrennt ein groteskes Gewirr aus Lügen und Täuschungen, das sich immer mehr zuspitzt und nicht nur für die Beteiligten unerträglich wird. Auch die Zuschauer*innen können die Spannung förmlich spüren.
Verkörpert werden diese beiden Charaktere übrigens von dem Argentinier
Nahuel Pérez Biscayart und dem deutschen Schauspieler
Lars Eidinger, die in ihren Rollen förmlich aufzublühen scheinen und dem Film die nötige Tiefe verleihen. Doch auch der übrige Cast, allen voran
Jonas Nay, der den äußerst misstrauischen Soldaten Max Beyer zum Besten gibt, kann sich durchaus sehen lassen. So ist es beispielsweise ihren schauspielerischen Höchstleistungen zu verdanken, dass die kleineren Mängel, wie die teilweise überdramatisierte Musik, kaum ins Gewicht fallen.
© Alamode Film
Originaltitel Persian Lessons |
Schlagwort Holocaust |
Genre Drama |
Produktion / Label RUS, DEU 2020 / Al!ve AG |
Laufzeit 127 Minuten |
Regie Vadin Perelman |
Darsteller Nahuel Pérez Biscayat, Lars Eidinger, Jonas Nay |
FSK ab 12 |
erhältlich ab 29. Januar 2021